Presseinformation: Auszeichnung der Senioren-Union für Michail S. Gorbatschow

11.11.2014
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Mit der Verleihung der „Goldenen Medaille für Verdienste um Versöhnung und Verständigung unter den Völkern" ehrte die Senioren-Union der CDU Michail S. Gorbatschow für seine Friedens- und Verständigungspolitik. Seine Bemühungen um Glasnost und Perestroika hätten zum Ende des Kalten Krieges geführt und eine Entwicklung eingeleitet, die im Ergebnis die Wiedervereinigung Deutschlands und ein friedliches Zusammenwachsen Europas möglich machten, betont der Bundesvorsitzende der Senioren-Union, Prof. Dr. Otto Wulff, in seiner Laudatio.

Die von der Senioren-Union gestiftete Auszeichnung soll den Blick auf Persönlichkeiten lenken, die „selbst in einer von Zerstörung, Hass, Menschenverachtung und tiefer Feindschaft durchtränkten Zeit dennoch Versöhnung vorlebten, Menschlichkeit vor Menschenverachtung, Zuwendung vor Abkehr stellten und nicht wegschauten, wenn Hilfe gefordert war," hebt Wulff hervor. Ehrung habe auch mit Dankbarkeit und Anerkennung zu tun, die oft abhandenkämen und in Vergessenheit gerieten.

Historische Bemühungen um das russisch-deutsche Verhältnis könnten zwar die Geschichte des 20. Jahrhunderts nicht ausblenden, dennoch gelte, dass trotz Krieg und anderer schrecklicher Ereignisse Konflikt zwischen beiden Ländern nicht Normalzustand, sondern Ausnahme gewesen sei. Über Jahrhunderte habe es gute, bisweilen herzliche Beziehungen zwischen beiden Völkern gegeben: Russen schwärmten von der deutschen Klassik, Deutsche seien fasziniert gewesen von der „russischen Seele", die sie in den Romanen von Tolstoi, Dostojewski, des Turgenjew und des Anton Tschechow entdeckt hätten.

„Niemand von uns Deutschen kommt an der Tatsache vorbei, dass die Geschichte der Deutschen mit dem Leid vieler Menschen - auch dem vieler Unschuldiger des eigenen Volkes - zu tun hat, dessen Ursachen in einer menschenverachtenden, rassistischen Politik lagen" führte Wulff weiter aus.
Die Senioren-Union der CDU habe sich bemüht, den erfolgreichen Versöhnungsprozess mit Israel und den Nachbarn in Europa nicht an der Elbe Halt machen zu lassen. Ziel sei nach der von Gorbatschow eingeleiteten Friedens- und Entspannungspolitik eine enge Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas gewesen. „Sie haben die wesentlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Welt, zumindest in Europa, friedlicher werden konnte, trotz aller noch bestehenden Konflikte und Gewalttätigkeiten," beschreibt Bundesvorsitzender Wulff die Verdienste des ehemaligen Staatspräsidenten der
Sowjetunion.

Als ältere Generation in Deutschland mit Erfahrungen aus der Vergangenheit sehe man für das europäische Einigungswerk eine logische Folge: Europa und Russland müssen ein dauerhaftes und freundschaftliches Verhältnis zueinander finden mit guten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen. Wulff zu Gorbatschow: „Der mit Ihrer historischen Mithilfe beendete Kalte Krieg darf nicht mit einer anderen Art von Kälte neu entfacht oder fortgesetzt werden."
In seinen Dankesworten betonte Gorbatschow, der von seiner Tochter Irina Mihailovna Virganskaya begleitet wurde, die traditionell guten Beziehungen zwischen Russland und Deutschlands. „Diese Freundschaft hat in der jüngst vergangenen Zeit Risse erhalten", bedauert der ehemalige Staatschef. Diese Risse dürften nicht größer werden, man müsse sie vielmehr schließen und vor allem verhindern, das neue Mauern aufgerichtet werden.
Gorbatschow hatte im Rahmen seines Deutschlandbesuch auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin auch ein ausführliches Gespräch mit Dr. Helmut Kohl geführt und beschrieb den ehemaligen Bundeskanzler, mit dem er sich unbedingt habe austauschen wollen, als eine einmalige Persönlichkeit mit klaren Zielen und starkem Willen.

Großen Respekt bekundete er auch vor Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, die ihn vor der Veranstaltung im Kanzleramt empfangen hatte. Er sei sich mit der Bundeskanzlerin, die in Russland sehr beliebt und anerkannt sei, völlig einig, dass es unverzüglich zur Beilegung der aktuellen politischen Spannungen kommen müsse, erklärte Gorbatschow unter Beifall der Festversammlung. Dazu regte er an, in Reden und Verlautbarungen die Rhetorik zu verändern, noch besser abzurüsten. „Nicht Ton und Sprache sollten im Vordergrund stehen, es kommt vielmehr auf Sinn und Inhalte an."

Er zähle sich selbst zu der Gruppe der Senioren und forderte seine Gleichaltrigen in der Senioren-Union auf, an die guten Entwicklungen in den russisch-deutschen Beziehungen nach dem Krieg anzuknüpfen und diese quasi als Vermächtnis an Kinder und Enkel weiterzugeben, damit nicht verloren gehe, was mit Mühe und Kraft aufgebaut worden sei. Es sei schon immer so gewesen, dass wenn Russland und Deutschland gute Beziehungen pflegten, solange beide Länder gut miteinander auskommen, solange gehe es allen gut in Europa, betonte er.

Eindrucksvoll schilderte er das Engagement von Kriegsveteranen beider Seiten bei der Pflege von Soldatenfriedhöfen. An diesem Beispiel zeige sich, das die Völker selbst manchmal weiser sind als manche ihrer Führer. Sein Fazit: Die Älteren seien sich der hohen Bedeutung von Frieden und Völkerverständigung bewusst. „Wir müssen uns deswegen mit lauter Stimme zu Wort melden, damit wir gehört werden. Wir können es uns nicht leisten, uns zurückzulehnen und nichts zu tun."

In einem Grußwort bezeichnete Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert Gorbatschow als den Wegbereiter der deutschen Einheit. Deutschland habe mit dem Fall der Mauer das Recht auf Selbstbestimmung realisieren können. Aus dieser Erfahrung heraus müsse verstanden werden, dass gerade die Deutschen sich verpflichtet fühlen, dieses Recht auch für jedes andere Land gelten zu lassen, warb der CDU-Politiker um Verständnis für die deutsche Haltung z.B. in der Ukraine-Frage.

Die Veranstaltung, an der neben dem Bundesvorstand der Senioren-Union namhafte Vertreter des diplomatischen Korps, der Politik und der Wirtschaft teilnahmen, fand im Hause der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin statt. Deren Präsident und Hausherr Prof. Dr. Heinz Riesenhuber würdigte den hohen Gast u.a. mit der Feststellung, dessen Wirken habe nicht nur Deutschlands Einheit gebracht, sondern darüber hinaus Europa und die Welt verändert.
Claus Bernhold
Pressesprecher im Bundesvorstand
Senioren-Union der CDU Deutschlands
claus [at] bernhold.de

Berlin, 11.11.2014