FakeNews oder das Ende der Wahrheit?

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Eine der ältesten Fragen der Philosophie: Was ist Wahrheit? Täglich prasseln im dichten Informationsdschungel des Internets weltweit Millionen neue Videos, Artikel, Fotos und Zitate auf die Nutzer ein. Wer kann da noch wahr oder falsch auseinanderhalten? Nicht nur in der Politik ist schönfärberisch von „alternativen Fakten“ die Rede, wenn mit Falschmeldungen Stimmung für oder gegen eine Person oder Sache gemacht werden soll.
In der Corona-Krise verbreiten sich „FakeNews“ wie ein Lauffeuer über die sozialen Dienste. Wirre Verschwörungstheoretiker („Aluhüte“) faseln ohne Belege und Beweise von gezielten Viren-Angriffen aus geheimen Laboratorien, böswillige Netz-Freaks verunsichern Bürger mit dem lebensbedrohlichen Ratschlag, Corona-Infektionen ließen sich mit Knoblauch und dem Einatmen von Feuerwerksrauch verhindern. Mit reißerischen Schlagzeilen, gefälschten Bildern und erfundenen Skandalen soll die Öffentlichkeit hinters Licht geführt werden.
Längst drohen gezielte Falschmeldungen im „postfaktischen Zeitalter“ zur Gefahr für Demokratien zu werden, wenn sich Lügengeschichten auf Wählerstimmen auswirken. So belastete die „Pizza-Affäre“ im US-Wahlkampf 2016 die demokratische Kandidatin Hillary Clinton, der unwahr eine Nähe zu einem Kinderpornoring unterstellt wurde. US-Präsident Donald Trump jedenfalls hat die Möglichkeiten der gezielten Desinformation per Twitter und Facebook voll erkannt. Deutsche Verfassungsschützer befürchten, dass auch im Bundestagswahlkampf 2021 mit „FakeNews“ Stimmung gemacht wird. Natürlich, auch seriöse Medien können versehentlich falsche Berichte nicht immer ausschließen. Der Unterschied: Verfasser von „FakeNews“ wollen mit Lügen desinformieren.
Was tun gegen „alternative Fakten“? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat klargestellt, dass auch soziale Dienste wie Facebook, Twitter oder Google sowie deren Verfasser die in der Verfassung festgelegten Persönlichkeitsrechte wahren müssen. Beleidigungen und rechtswidrig falsche Tatsachenbehauptungen können demnach wie in „klassischen Medien“ strafrechtlich geahndet werden. Im öffentlichen Rundfunk und in Zeitungen regeln Rundfunkräte, Presserat und Landesmedienanstalten das mediale Miteinander. Im Netz sollen soziale Dienste mit einem „digitalen Radiergummi“ selbst gegen Hetz- und Lügentexte vorgehen und diese notfalls löschen. Twitter gibt inzwischen in Einzelfällen Warnhinweise, Facebook will Aussagen nicht überprüfen.
Das Problem: Der Grat zwischen zulässiger Meinungsäußerung und gezielter Falschmeldung ist schmal und nicht immer eindeutig. Die Gretchenfrage: Ab wann greift der Staat in die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsfreiheit ein, wenn er Blogger gängelt? Die Blogger-Szene kämpft für ein freies Netz und sieht gerade darin einen Beitrag zur Kontrolle der Politik.
Der Nutzer sozialer Dienste sollte sich also selbst vor Lügengeschichten schützen. Da hilft zunächst ein Blick ins Impressum des Urhebers. In Deutschland gilt die Impressum-Pflicht, wer also kein Impressum vorweist, ist als Quelle zumindest fragwürdig. Beim Inhalt sollte der Nutzer mehrere Quellen checken, ob die Seite seriös ist. Schon der erste deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck wusste um die Macht der Lüge: Nie werde so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.
Wilfried Goebels