Page 34 - alt & jung 04/2021
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Mitgliedermagazin der Senioren-Union
Siegeszug der Sprachpanscher
Bei Anglizismen sehen nicht nur Forscher rot
Was vor allem junge Menschen heute der deut- schen Sprache antun, schmerzt nicht nur den Verein der Deutschen Sprache, viele Senioren verstehen das Sprachgemisch „Denglisch“ ein- fach nicht mehr. Verhindern Anglizismen die Verständigung?
Früher hieß es Sommer-Schlussverkauf oder kurz SSW – heute müssen wir zur Schnäppchenjagd zu einem „Sale“ ins Kaufhaus stürmen. Der Kaffeebecher am Büdchen dampft als „Coffee to go“, und in der Hambur- ger-Braterei wird der Fleischklops zum Mitnehmen
weltmännisch mit „Take away“ oder „To Go“ beworben. Längst sind wir im Alltag von Anglizismen aller Art umzingelt – die deut- sche Sprache gerät unter massiven Druck der Fremdwörter. Über- all wimmelt es von Dates, Shops, Sixpacks, Meetings und Callcen- tern. Der Verein Deutsche Sprache kritisiert nicht nur den rasanten Siegeszug der Anglizismen: Ein Greuel ist den Experten vor allem, dass sich in der Jugendsprache breit machende Sprach- gemisch „Denglisch“. Wenn junge Leute „eine megacoole App gedownloaded“ haben, sehen die Forscher rot , und Senioren ver- stehen oft nur noch Bahnhof.
Sprache dient der Verständigung und hat auch eine wichtige Funktion für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft. Für Be- völkerungsteile, die über keine oder nur geringe Englisch-Kennt- nisse verfügen, schafft eine Sprache aber Distanz, die aufgrund zahlloser fremdländischer Wortschöpfungen nicht mehr verstan-
den wird. Wenn der Verein Deut- sche Sprache dann auch noch feststellt, dass für 79 Prozent der Anglizismen verständliche deut- sche Begriffe zur Verfügung ste- hen, verkommt der inflationäre Gebrauch englischsprachiger Be- griffe zum eitlen Schaulaufen.
Nicht erst der „digitale Kolo- nialismus der US-Konzerne“ (Handelsblatt) hat den Angli- zismen Tür und Tor geöffnet: Apple, Amazon, YouTube und andere haben die Sprache durch technische Begriffe wie Laptop, E-Mails und iPads über den Internet-Bereich hinaus revolu- tioniert. Dass Werbestars und -sternchen heute die Zahl ihrer „Likes“ (Zuspruch) als lukrative Einnahmequelle nutzen, gehört ebenso zu dieser Welt wie das Einrichten einer eigenen Home- page. Die Tatsache aber, dass der Begriff „Handy“ im englisch- sprachigen Raum unbekannt ist, dürfte manche doch überra- schen. Dort heißt der kleine Dauerquälgeist „mobile phone“, kurz „mobile“ oder auch „cell phone“ (USA).