Page 19 - alt & jung 04/2021
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Zusätzlich verzeichnet das Ro- bert Koch-Institut (RKI) allein in der letzten Oktoberwoche 93 Tote in 122 Alten- und Pflegehei- men. Tagtäglich laufen neue Re- kordzahlen von Neuinfektionen über die Ticker. Das sind erschre- ckende und bittere Zahlen, über die man nicht zur Tagesordnung übergehen darf.
Wenn die Statistik nachweist, dass in der ersten und zweiten Welle in den Alten- und Pflege- heimen mindestens 29 000 Co- rona-Tote zu beklagen waren, und gleichzeitig gemeldet wird, dass noch heute in den Einrich- tungen teilweise nur die Hälfte des Personals gegen Corona ge- impft ist, dann müssen die Alarmglocken sehr laut schrillen. Eine solche Zahl an Todesopfern allein unter den Älteren darf es in
einer nächsten Welle nicht wie- der geben, mahnt der Bundes- vorstand der Senioren-Union der CDU-Senioren in einer Resolu- tion anlässlich einer Sitzung am 9./10.November 2021 in Berlin.
Datenschutz darf
nicht wichtiger sein
als Menschenleben
Dabei ist, so der Bundesvorsit- zende der CDU-Senioren Prof. Dr. Otto Wulff, absolut unver- ständlich, ja fast strafbar, dass offenbar niemand weiß, ob und wie viel Personal in den Heimen gegen den Virus geimpft ist. An- scheinend werde nirgendwo er- fasst, wie hoch die Impfquoten sind, und es ist Arbeitgebern nicht erlaubt, Beschäftigte nach ihrem Impfstatus zu befragen. Wenn das so ist, dass Daten- schutz mehr wiegt als Men- schenleben, dann stimmt in un- serem Wertekompass etwas nicht. Hier sind unverzüglich entsprechende Änderungen not- wendig – lebensnotwendig.
Die Senioren-Union schließt sich uneingeschränkt den Forde- rungen des Vorsitzenden des Hausärzteverbandes Ulrich Wei- geldt an, der in einem Zeitungs- interview lapidar feststellt: Kein Ungeimpfter darf Kontakt zu einer derart vulnerablen Gruppe haben, weder beruflich noch als Besucher. Das gelte für Senio- ren- und Pflegeheime wie für In- tensivstationen.
Es ist an der Zeit,
über eine Impfpflicht nachzudenken!
Die übergroße Mehrzahl des ärztlichen und pflegenden Per- sonals ist sich der ganz besonde- ren Verantwortung bewusst und weiß sich dem Ethos des Berufes verpflichtet. Darum gilt unser aufrichtiger Dank all denjenigen, die sich Tag und Nacht dieser
aufopferungsvollen Aufgabe mit vollem Einsatz aller Kräfte – und darüber hinaus – hingeben.
Aber es gilt auch: Wer sich in solch verantwortungsvoller Auf- gabe ohne vernünftigen Grund einer Impfung verweigert, han- delt unsolidarisch und erhöht die Gefahren für sich und insbe- sondere für die anvertrauten Pa- tienten und Bewohner.
Da aber offensichtlich alle Überzeugungsarbeit, alle Ap- pelle, alle Aufrufe und Angebote bei den Impfunwilligen keinen Erfolg haben, ist es folgerichtig und zwingend erforderlich, über eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen und Tätigkeits- bereiche nachzudenken. Die Po- litik darf einer solchen Diskus- sion und möglicherweise unpopulären Entscheidungen nicht aus dem Weg gehen.
Abwarten oder Auswei- chen heißt Menschen- leben aufs Spiel setzen. Die Pocken wurden im 20. Jahr- hundert durch verpflichtende Impfungen ausgerottet, 2019 wurde für Kitas und Schulen die Impfpflicht gegen den Ausbruch der Masern beschlossen. In der augenblicklichen prekären Situa- tion muss die Politik dazu bereit sein, auch durch Einführung einer Rechtspflicht Menschenleben zu schützen und zu retten. Jetzt not- wendigen Entscheidungen aus taktischen oder parteipolitischen Gründen auszuweichen oder diese zu verzögern, heißt Men- schenleben aufs Spiel zu setzen und weitere vermeidbare Todes- opfer in Kauf zu nehmen.
Claus Bernhold
Stellvertretender Bundesvor- sitzender der Senioren-Union der CDU Deutschlands und Pressebeauftragter
Intern
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