Page 15 - Ausgabe 4/2020 "alt & jung"
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»Für uns ist Digitalisierung nie Selbstzweck, sondern soll dem Menschen dienen.
Digitalisierung
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Die Digitalisierung ist eine große Errungenschaft. Man stelle sich für einen Moment vor, wie es uns ergangen wäre, wenn uns das Virus 1990 getroffen hätte. Viele Familienkontakte wären mangels Video- telefonie nicht möglich gewesen. Keine Beschulung von Kindern, kein Home-Office für Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmer, keine digitale Beantragung von Anträgen und Krediten für Start-Ups oder Mit- telständler. Wir wären auf Präsenz angewiesen und hätten viele Prozesse oder Interaktionen nicht auf- rechterhalten können. Dabei wissen wir ja, Kontakt- beschränkungen sind das wirksamste Mittel zur Be- kämpfung der Pandemie.
Was können wir daraus lernen?
Viel mehr noch als bisher sollten wir Digitalisierung als Lebenserleichterung verstehen. Politik sollte den Nutzen impliziter in den Mittelpunkt unserer Arbeit und unserer Kommunikation stellen. Als Ge- sellschaft sollten wir mutig, mit Lust auf Zukunft, an die Dinge herangehen. Hier hat sich in den letz- ten Monaten bereits etwas getan. 73 Prozent sehen in der Digitalisierung eine Chance. Das sind fünf Prozent mehr als noch im Vorjahr. Eine ermuti- gende Tendenz!
Und wer, wenn nicht CDU und CSU soll das ge- stalten? Es ist doch Grundlage unseres Verständ- nisses als christliche Parteien, dass der Mensch als
Ebenbild im Mittelpunkt aller politischen Be- mühungen steht. Für uns ist Digitalisierung nie Selbstzweck, sondern soll dem Menschen dienen. Und die Menschen trauen es uns auch zu.
Bei der Frage: „Welcher Partei trauen Sie am ehesten zu, die Digitalisierung voranzu- bringen“, vereinen wir als Union mehr Pro- zente auf uns als Platz zwei und drei zusam- men. Auf diesem Vertrauen können wir aufbauen. Es ist dabei aber auch unsere Pflicht, insbesondere die zu überzeugen, die bisher zweifeln oder Ängste haben, dass Di- gitalisierung für Unpersönlichkeit sorgt. Auch das ist Aufgabe von Politik und Volks- parteien insbesondere. Dafür sollte das Prin- zip der Lebenserleichterung unser Leitmotiv sein.
Ein Paradebeispiel dafür ist die Corona- Warn-App. In kurzer Zeit hat der Staat in Zu- sammenarbeit mit der Wirtschaft und Zivil- gesellschaft die App als Open-Source-Projekt entwickelt. Der Code ist einseh- und kontrol- lierbar. Diese Transparenz schafft Vertrauen. Nicht umsonst wurde die App häufiger her- untergeladen als alle anderen Tracing-Apps europaweit zusammen. Bei steigenden Fall- zahlen entfaltet die App jetzt ihren Nutzen. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger warnen ihre Mitmenschen und tragen somit aktiv zur Bekämpfung des Virus bei. Schnelligkeit, Transparenz, Agilität in der Zusammenarbeit und eine hohe Bürgerorientierung – so stelle ich mir die Bestandteile unserer Digital-DNA vor.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir sehen jetzt, dass diese Krise sehr viele Akteure und Organisationen unvorbereitet getroffen hat. Gesundheitsämter, Krankenhäuser, Universi- täten, Schulen, Bürgerämter – sie alle leisten seit Beginn der Pandemie Unglaubliches. Aber es wäre noch besser gegangen, wenn wir die Weichen früher und stärker auf Digi-
Foto: Tobias Koch