Page 10 - alt & jung 02/2021
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 Buchtipp
»alt & jung
Nie waren die Zeiten für ein Reformjahrzehnt so günstig wie jetzt.
wir Politiker Entscheidungen, die der Zukunft Steine in den Weg legen?
Es klingt wie eine Floskel und stimmt dennoch. Jede Krise ist eine Chance. Nie waren die Zei- ten für ein Reformjahrzehnt so günstig wie jetzt: in der Pande- mie hat auch der letzte Zweifler den Handlungsbedarf erkannt, die Gesellschaft ruft nach Verän- derungen. Denn ohne die 4,7 Millionen Beschäftigten im öf- fentlichen Dienst kommt kein Reformeifer auf. Und ohne Ver- änderungswillen der Wählerin- nen und Wähler geht es auch nicht. Digitalisierung und Staats- modernisierung haben quasi so viel Rückendeckung wie lange nicht! Es ist eine historische Chance.
Der Ruf nach radikalen Verän- derungen kommt aus einer für Einige überraschenden Richtung:
NEUSTAAT: Politik und Staat müssen sich än- dern. 64 Abgeordnete & Experten fangen bei sich selbst an – mit 103 Vorschlägen, Thomas Heilmann & Nadine Schön, Juni 2020, MVG, 320 Seiten, ISBN: 978- 3-95972-376-3
aus der Union. Der neue CDU-Vorsitzende Armin Laschet ruft ein „Modernisierungsjahrzehnt“ aus und Ralph Brinkhaus, der Vorsitzende unserer CDU/CSU- Fraktion im Bundestag forderte in In- terviews: Wir brauchen eine Jahrhundertreform - vielleicht sogar eine Revolution. Im letzten Jahr bereits hatte die erwähnte NEUSTAAT- Gruppe ein Gesamtkonzept zur Staatsmodernisierung unter- breitet.
Kein Staatswandel ohne Kulturwandel
Beim Wort Staatsmodernisierung denken viele an Digitalisierung. Dabei ist es viel mehr als nur die Verfügbarmachung von digitalen Bürgerservices. Natürlich müssen wir digitalisieren, aber wenn wir unsere dahinter liegenden Prozesse nicht verän- dern, wird das nicht viel bringen: Dann werden um- ständliche analoge Prozesse einfach nur zu um- ständlichen digitalen Prozessen.
Um die Politik, Staat und Verwaltung spürbar effizienter zu machen, müssen wir gemeinsam eine neue Kultur etablieren. Heute funktioniert der Staat streng nach Zuständigkeiten. In diesen Silos verkümmert die Zusammenarbeit, sie erstickt In- novation und verlangsamt Lösungen. Fehlerver- meidung als Maxime. Viele gute Ideen stecken heute in Schubladen, ihre Schöpfer finden aber sel- ten Gehör (Tatsächlich gibt es auch lobenswerte Ausnahmen). Der Grund: Eine Mischung aus star- ker Hierarchiehörigkeit, der Skepsis vor Neuen Ideen, der Angst vor Risiken und der leider berech- tigten Befürchtung, ein gescheitertes Experiment führe zu mehr Kritik von Opposition und Medien als die Fortsetzung von lang geübten aber schlecht wirksamen Praktiken.
Diese Mischung ist der optimale Innovationskil- ler. Niemand kann den Kulturwandel einfach ver- ordnen, aber wir können durch kluge Instrumente ihn schrittweise befördern.
An der Verwaltung ist einiges faul, aber nicht die Beamten
Alles steht und fällt mit gutem Personal. Häufig scheitern motivierte Mitarbeiter mit innovativen Ideen an starren Strukturen. Ein weiteres Problem ist der Mangel an Nachwuchskräften, der sich in Zukunft noch drastisch verschärfen wird. Wir brau- chen ein völlig neues Verständnis vom Umgang mit bestehendem und zukünftigen Personal: Ideen för- dern, das Richtige incentivieren, Innovations- und Ideenmüdigkeit begraben.
Wir sollten Beförderungsentscheidungen viel mehr als bisher nach fachlichen Kriterien treffen.
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Mitgliedermagazin der Senioren-Union
Foto: privat

















































































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