Page 30 - Ausgabe 4/2020 "alt & jung"
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 Zur Person:
alt & jung
 Interview mit Günther Anton Krabbenhöft
„Entdecke, was dein
Herz zum Tanzen bringt “
Erst im Alter hat Günther Anton Krabbenhöft entdeckt, dass es nie zu spät ist, jung zu sein. Über seinen langen Findungsprozess hat er jetzt ein Buch geschrieben. Eine Anleitung zum Glücklichsein. Alt & jung sprach mit Günther Anton Krabbenhöft über das Internet, Glück und den Wert korrekter und geschmackvoller Kleidung.
  Günther Anton Krabbenhöft ist Berlins ältester Hipster und ein In- ternetstar. Mit jetzt 75 Jahren hat der ehemalige Koch jede Menge Follo- wer und Fans. Der stets korrekt ge- stylte „Granfluen- cer“ tanzt sich am liebsten gut gelaunt durchs Leben und ist sogar ein Vorbild für junge Leute.
Herr Krabbenhöft, wie wird
man mit über 70 plötzlich zum Internetstar?
Das war absoluter Zufall. Ich stand in Ber- lin an einer U-Bahn-Haltestelle mit mei- nem neuen Smartphone in der Hand und ein schottischer Tourist hat mich spontan fotografiert. Er hat es gepostet und das Bild ging viral. In kürzester Zeit hatten drei Millionen Menschen das Foto von mir geliked. Ich habe echt gestaunt und konnte gar nicht fassen, was da passierte.
Vielleicht lag es an ihrem Outfit. Anzug, Weste, Fliege und Melone sind Ihr Markenzeichen auf allen Fotos auf Facebook und Instagram. Wie sind Sie zu Ihrem Stil gekom- men?
Na, das ist die klassische Herrenmode. Die meisten Sachen lasse ich anfertigen. Mir war irgendwann klar, dass ich stilvoll altern wollte – nicht als Berufsjugendli- cher mit Baseball-Kappe, zerknitterten Shirts und Jogging-Hosen. Irgendwann, in 20 oder 30 Jahren, werden sich die Ju- gendlichen dafür schämen, wie sie mal rumgelaufen sind. Ich habe Kleidung immer als zusätzliche Möglichkeit gese- hen, zu zeigen, wer ich bin. Ich liebe Schönheit. Sie erfreut mein Herz. Ich möchte jeden Tag in meinen schönsten Sachen feiern.
Viele ältere Menschen haben Angst vor dem Inter- net oder den sozialen Medien und trauen sich nicht so recht, es zu benutzen.
Ich habe das auch erst entdeckt, als das Smartphone auf den Markt kam. So lange ist das ja noch gar nicht her. Da habe ich angefangen auszuprobieren, welche Vorteile das für mich alles hat. Das Geheimnis am glücklichen Altern ist ein positi- ver Blick auf das Leben. Man sollte immer neugierig bleiben. Alles anschauen, alles auspro- bieren und wenn es nicht gleich funktioniert: üben, üben, üben.
Was bedeutet es für Sie alt zu werden?
Das Alter ist für mich ein toller Lebensabschnitt. Da kann man nur glücklich sein. Ich will jetzt all das genießen, was ich früher nicht machen konnte oder mich nicht getraut habe. Beruf, Fa- milie, Verantwortung wahrneh- men. Das habe ich alles gern ge- lebt. Ich bin mir aber über die Endlichkeit des Lebens bewusst und irgendwann habe ich mir die Frage gestellt: Was will ich jetzt
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Mitgliedermagazin der Senioren-Union
Fotos: HarperCollinsGermany; picture alliance/dpa | Annette Riedl
















































































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