Page 23 - Ausgabe 4/2020 "alt & jung"
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 Wenn der digitale Wandel gelingen soll, müssen alle Menschen mitgenommen werden. Das bedeutet für ältere Menschen, dass auch sie Zugang zu digitalen Angeboten haben müssen und über die notwendigen Kompeten- zen verfügen müssen, diese Angebote auch wahrzunehmen.
Gerade jetzt in der Coronakrise treten die Stärken und Schwächen unserer digitalen Infra- struktur in Deutschland wie unter einem Brennglas deutlich hervor: Während viele Un- ternehmen die Umstellung auf das Home Of- fice gut gemeistert haben, wurden bei unseren Schulen und in der Verwaltung deutliche Defi- zite bei Ausstattung und Umgang mit digitaler Technik deutlich: Virtueller Unterricht von Zu- hause hat nur bei den wenigsten wirklich rei- bungslos funktioniert; Corona-Zahlen wurden von den Gesundheitsämtern ans RKI gefaxt. Den digitalen Wandel in allen Lebensbereichen aktiv zu gestalten, das ist eine der zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen, denen sich die Politik in Deutschland stellen muss.
Doch bei allem berechtigten Aufwand, den wir dafür betreiben, dürfen wir die zweite große gesellschaftliche Entwicklung nicht aus dem Auge verlieren: Die Rede ist vom demo- graphischen Wandel. Wenn wir wollen, dass alle Menschen am digitalen Wandel teilhaben können, dann müssen wir digitalen Wandel und demographischen Wandel zusammen- denken. Teilhabe bedeutet gerade für ältere Menschen, dass auch sie Zugang zu digitalen Angeboten haben müssen und über die not- wendigen Kompetenzen verfügen müssen, diese Angebote wahrzunehmen.
Fakt ist: Demographische und gesellschaftliche Entwicklungen sowie der digitale Wandel brin- gen neben vielen Chancen auch e»ines mit sich: eine zunehmende
Wir können es uns als alternde Gesellschaft nicht leisten, auf den Erfahrungsschatz der Älteren zu verzichten.
Vereinsamung. Wie das Statisti- sche Bundesamt ermittelt hat, haben 2018 insgesamt 16,9 Milli- onen Menschen in Deutschland allein in ihrer Wohnung gelebt. Etwa jede dritte Person war über 65 Jahre alt. Wir sprechen also über rund 5,8 Millionen Senioren, die in Deutschland alleine leben. Für ältere Menschen stellt dauer- hafte, chronische Einsamkeit ein zusätzliches Gesundheitsrisiko dar. Die Wissenschaft hat das längst erkannt. Jetzt liegt es an uns allen, dass wir geeignete Maßnahmen in die Wege leiten, um das Problem der Einsamkeit anzugehen. Die Digitalisierung bietet dabei ganz neue Chancen, dem Problem der Einsamkeit zu begegnen.
Nadine Schön MdB ist zuständig für die Bereiche „Familien, Senioren, Frauen und Jugend“. Sie ist außer- dem Vorsitzende des Ausschusses „Digitale Angenda“. Mit Thomas Heilmann MdB hat sie das Buch „Neustaat“ herausgebracht.
Digitalisierung
 Nadine Schön MdB
Digitalen Wandel und demographischen Wandel zusammendenken
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Zur Person:
Foto: Tobias Koch






















































































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