Page 32 - Senioren-Union Magazin "Alt & Jung" Ausgabe 2/2020
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alt & jung
 Diese Diskussion ist aber noch nicht abgeschlossen. Profitieren würden alle: Senioren und die Jungen, die Neues kennenlernen und die Vielfalt unserer Gesell- schaft erfahren würden.
Wir wollen aber auch den Menschen jenseits ihres Berufs- lebens mehr Aufgaben für die Gesellschaft ermöglichen. Das Know-how aktiver Ruheständler hat schon vielen Menschen – auch Unternehmen – geholfen. Wir wollen Gelegenheiten der Begegnung und Mitwirkung ver- bessern. Mehrgenerationenhäu- ser sollten dazu als Vermitt- lungsstellen ausgebaut werden; Wohnanlagen, die seniorenge- rechte Wohnungen zusammen mit Wohnungen für junge Fami- lien und Studenten plus Kita ver- binden, könnten gefördert wer- den. Das Leben in Nähe kann auch durch gegenseitige Hilfen
Bettina Wiesmann wurde 1966 in Berlin geboren und ist Mitglied des Deutschen Bundestages und ehema- lige hessische Landtagsabgeordnete. Wiesmann studierte unter anderem in Frankreich, Großbritannien und den USA.
ergänzt werden. Junge Men- schen lernen dann noch mehr, Verantwortung auch für Ältere zu übernehmen; Ältere finden Kontakt und Aufgaben in der Gemeinschaft. Auch die räumli- che Mobilität zwischen entfernt lebenden Verwandten muss ver- bessert werden. Gerade die Pan- demie zeigt: Man kann zeitweise mit dem Tablet Kontakt zu den Enkeln halten, es muss aber auch seniorengerechtes Reisen und umgekehrt entlastetes Reisen für Familien geben.
Mario Voigt: Deutschland ist ein Land der Älteren geworden. Dass ist auch gut so. Noch vor zwei Generationen zogen viele Deutsche in den Krieg und kamen nicht wieder. Die heuti- gen Älteren haben unseren Wohlstand erarbeitet und sie haben uns Respekt, Zusammen- halt und Leistungsbereitschaft gelehrt. Es wäre töricht, diesen Maßstäben heute nicht auch ge- recht werden zu wollen. Das be- deutet, Deutschland nicht zu konservieren, sondern für das Neue fit zu machen – von Digita- lisierung bis zu einer generatio- nengerechten Finanzpolitik. Das geht nur im Dialog, den wir auch regelmäßig angeregt im Bundes- fachausschuss führen.
Die Covid-19 Pandemie stellt unsere Gesellschaft vor eine große Herausfor- derung. Während Lebens- mittelversorgung, online- und Bringdienste und vor allem das Gesundheits-
wesen auf Hochtouren lau- fen, kommen andere Wirt- schaftsbereiche komplett zum Erliegen. Wie wird das Virus unsere Arbeitswelt und unsere Sozialsysteme verändern?
Bettina Wiesmann: Zunächst können wir ja festhalten, dass jedem wieder bewusst wurde, wie wichtig scheinbar unauffäl- lige Berufe sind – im Gesund- heitswesen, aber genauso im Lebensmitteleinzelhandel. Sie wurden als „systemrelevant“ er- kannt. Wir haben auch gemerkt, dass wir ein funktionierendes Gesundheitssystem haben, dass auch die Bildungseinrichtungen Großes leisten und der gerade in Deutschland so ausgeprägte Kulturbereich wichtig für unsere Lebensqualität ist. Das wollen wir erhalten. Auch werden wir stärker die Vorteile der Digitali- sierung nutzen, sei es im Bank- geschäft, beim Bestellen von Waren, bei der Produktion, beim Kontakthalten mit Angehörigen. Im Bildungswesen muss jetzt endlich der unersetzliche Prä- senzunterreicht intelligent und systematisch mit digitalen Ver- mittlungselementen verbunden werden. Im Gesundheitswesen schließlich werden digital ge- stützte Hilfen zunehmen. Zu- gleich wird sichtbar, dass die Versorgung mit Ansprechpart- nern – Ärzten, Gesundheitsäm- tern etc. – flächendeckend gesi- chert sein muss, auch im ländlichen Raum. Deutschland ist es in den vergangenen zehn
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Mitgliedermagazin der Senioren-Union
Die heutigen Älteren haben unseren Wohlstand erarbeitet und sie haben uns Respekt, Zusammenhalt und Leistungsbereitschaft gelehrt.
Mario Voigt





















































































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