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Gesellschaft
Alles hat seinen Platz. Auch auf engstem Raum lassen sich alle wichtigen Möbel, Gegenstände und Kleider unterbringen. Unten gemüt- lich essen – oben schlafen? Klar, das geht, wenn man nicht so viel Platz beansprucht.
»Es herrscht einfach Klarheit – in meinem Häuschen und im Kopf.
dazugehört. Ein Highlight ist der Kaminofen, der auch an den käl- testen Abenden heimelige Stim- mung verbreitet. „Der einge- schränkte Platz erzieht mich, Ordnung zu halten. Es herrscht einfach Klarheit – in meinem Häuschen und im Kopf“, findet die 64-Jährige. Das Mini-Heim nach Maß mit allem gewünsch- ten Komfort hat allerdings auch seinen Preis: 75.000 Euro hat Su- sanna Hagin für ihr Modulhaus samt Einbauten bezahlt, „aber was ist das schon im Vergleich zu einem normalen Haus“?
Wer es noch luxuriöser oder größer haben will, kann auch noch mehr ausgeben, aber es gibt auch preiswertere Lösungen. Be- zugsfertige Tiny Houses ab 15 bis 35 Quadratmeter Wohnfläche sind schon ab 25.000 Euro zu haben und Singles, die mit beson- ders wenig Wohnraum auskom- men, können sich für weniger als 15.000 Euro ein kleines, schlüs- selfertiges Häuschen mit einer acht Quadratmeter großen Wohnfläche leisten.
Bevor der Auftrag zum Bau ge- geben wird, sollte schon ein pas- sender Stellplatz ausgeguckt sein, denn wer dauerhaft im Tiny House leben will, darf das nur auf einem erschlossenen Grundstück mit Wasseranschluss und Strom.
Die rechtliche Lage ist etwas komplex. Denn das Gesetz unter- scheidet in Deutschland zwischen Fahrzeug und Häusern. Während ein Tiny House auf Rädern in Deutschland als Fahrzeug gilt, zählt ein Tiny House auf festem Boden als Wohnhaus. Steht das Mini-Eigenheim dauerhaft auf einem Grundstück, greift die je- weilige Landesbauordnung, die bestimmte Anforderungen an Wohnraum stellt, wie etwa, dass eine Dusche und eine Toilette vorhanden sind, es einen zweiten Rettungsweg gibt, und ausrei- chend Raumhöhe gegeben ist. In dem Fall muss ein Bauantrag ge- stellt und natürlich auch geneh- migt werden.
Für ein Wochenendhäuschen gibt es auch Campingplätze, die Stellflächen anbieten, für die
Dauerlösung Tiny House-Dörfer. Davon gibt es mittlerweile einige in Deutschland, weitere sind in Planung. Für Senioren, die Gleich- gesinnte suchen und die Gemein- schaft schätzen, sicher eine Op- tion. Der erste Versuch, in einem Tiny House-Village ihr neues Leben zu beginnen, endete für Susanna Hagin aber schon nach einem Jahr, denn die Gemein- schaft passte nicht so recht zu- sammen. Es gab oft Streit und ihr Pachtvertrag wurde gekündigt.
Susanne Hagin hatte Glück, denn Bekannte boten ihr die Wiese neben dem eigenen Grund- stück an. „Super, jetzt habe ich alles, was ich will. Mein Traum- häuschen in der Natur und trotz- dem kurze Wege ins Dorf und zur Arbeit“, schwärmt sie über ihre neu gewonnene Freiheit.
Gabriele Grabowski
Redakteurin gabriele.grabowski@ubgnet.de
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